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Gov’t Mule

18. Juli 2013, Zeltspektakel, Winterbach

Forevermore!

Vor Jahr und Tag konnte ich Willy überzeugen: lass die Cocker-Scheiben im Schrank, wenn du wissen willst, wie Rockmusik buchstabiert wird, komm mit zu Gov’t Mule! Damals, in der Halle, war der Merch-Stand schon in der Bier und Pinkelpause geplündert, komplett sold out.
Im Frühjahr erhalte ich Mails vom schwäbischen Zeremonienmeister, „bitte beeilen, bald ausverkauft …“ Die anachronistische Reisegruppe ist schnell zusammengestellt: BBB-Metal-Mastermind Florian, Didi The Groove und Cocker-Willy, der sich immer wieder gerne begeistern lässt und in musikalisches Neuland hineingeschubst wird, nicht so in 2013, hat er doch schon seinerzeit, den Rock-Kombi gesteuert.

Kreuzfahrer

Mit der Single-Malt Kühltasche bestens für eineinhalb Autostunden präpariert, im CD-Schacht des „Maybach“ die Improvisationskrähen (die mir vergangenen Montag im Chat der Blue-Rose-Radio-Show ziemlich niedergebügelt wurden) geht’s ab in die Diaspora der Deutschen Sprache. Ach ja, der Whisky wird stilecht in Plastikbechern der „Bridges-To-Babylon-Tour“ gereicht, auch schon wieder eineinhalb Dekaden her.

Die gewohnt schönen Tickets gibt’s ohne größere Probleme, das Gelände ist bestens gefüllt, eine bunte Mischung (vor dem Zelt) aus Wolfskinjackenträgern, ausgerüstet mit Sandalen und Socken, (wer weiß, evtl. wird’s ja doch kühl) gewesene Pädagogikstudenten, die das letzte Mal freaky waren, als sie im Nebenjob Taxi gefahren sind und zu Grateful Dead auch mal ’nen Joint gezogen haben vs. in Würde ergrauter Altrocker, unverbesserliche Unkaputtbare, die ihre Plattensammlung als heiligen Gral betrachten. Im Zelt ist Division Nummer II zahlenmäßig eindeutig in der Mehrheit, was schon ein Vorteil ist, völlig wertfrei versteht sich. Hier riecht’s nach Schweiß, Bier und Leder.

Der Sound ist so, wie es im Zelt maximal sein kann, ganz passabel, die Band allerdings ist klasse drauf. Mastermind Warren Haynes spielt wieder eine gnadenlose Leadgitarre.

Haynes

Danny Louis sorgt für Keyboardelegien, atmosphärisch dicht, pendelnd zwischen der Unfertigkeit der frühen Jane und, ja, der Genialität „Allmanscher“ Improvisationen um sich mit der Brachialität der Blues-Rock-Lead-Gitarre zu vereinigen. Fundamental stricken Carlson-Bass und Abts-Drum ein absolut reisfestes Gewebe. Der Bass galoppiert öfter als Leadinstrument davon, das Drum-Solo ist effektiv. Niemals trägt die Band zu dick auf. Der Rock-Esel ist so konstant störrisch, wie es sich nur wenige leisten können. Nicht groß genug um sich dem Publikum anzudienen und Erwartungshaltungen befriedigen zu müssen, zu groß um Cover-Songs nur dröge zu kopieren. Und das macht eine Mule-Show eigentlich aus, die Interpretation mehr oder minder bekannter Blues-/Blues-Rocknummern. Für Led-Zep’s „Since I’ve Been Loving You“ (famos!!) beträgt die Inkubationszeit eine Minute, um dann mit offenen Mund ca. zwölf Minuten zu staunen, welch handwerklich eigenwillig-fantastische Orgie sich aufbaut. P-h-ä-n-o-m-e-n-a-l! „Soulshine“ schickt uns Erlösung und zeigt den Weg zum Bierstand!
„… aah Blues-Beer-Burgers auch da“ hören wir aus dem Theken-Off, nix mit Diaspora, wenn die uns hier schon kennen?! Ganz so weit ist es doch nicht, Blue-Rose und Roots-Fan Simone steht unmittelbar hinter uns in der Schlange. Es gibt wohl nur zwei Firmen auf der Welt, denen es gelingt, dass sich begeisterte Kunden ihr Logo in die Haut stechen lassen, eine davon ist aus Milwaukee, die andere, viel wichtiger, aus dem schwäbischen Abstatt. Wir staunen!

Tattoo

„Since I’ve Been Loving You“ war irgendwie klar, überraschender „Mr. Big“ von Free, da musste ich die Nase schon tief ins Plattenregal drücken, um die Aufnahme zu finden („Fire And Water“), was den positiven Nebeneffekt zur Folge hat, dass sich auch Free wieder mal mit 33 1/3 drehen. Beginnend mit leichtem Blues-Vibe schaukelt sich der Song, von Haynes auch vokal souverän gemeistert, angetrieben von omnipräsenter Leadgitarre (die nicht vordergründig gniedelt) zu einer wilden Mixtur aus Jam-Rock und Blues-Klopfer. High & Mighty! Vorm Plattenregal (in Austin, wo sonst?) wird der Verfasser dieser Zeilen weder bei „G“ noch bei „F“ zu finden sein, Gov’t Mule und Free sind, soweit dies überhaupt möglich ist, vollständig. Interessanter wäre da schon „Little Willie John“ und „Hound Dog Taylor“. Danke für die Impulse!

Am nächsten Morgen ist unsere Glasbox voll, einen besseren Indikator für eine gelungene Rockshow (und Didi’s Visite) kann es kaum geben.
Und so lange Foreigner und Joe Cocker mit dem Ticketabsatz dafür sorgen, dass auch nicht ausverkaufte Esel trotzdem möglich sind, haben irgendwie alle gewonnen, vorm und im Zelt.

Die Band:

Warren Haynes (Gitarre, Gesang)
Matt Abts (Schlagzeug)
Jorgen Carlson (Bass)
Danny Louis (Keyboard, Gitarre, Gesang)
Setlist
Set 1:
Blind Man in the Dark
Bad Man Walking
Left Coast Groovies
Lay Your Burden Down
Far Away
Steppin' Lightly
World Boss
Since I've Been Loving You (Led Zeppelin cover)
Soulshine (Larry McCray cover)

Set 2:
Scared To Live
Mr. Big (Free cover)
Game Face
Wandering Child
Drums
Forevermore
Fallen Down
The Other One Jam (Grateful Dead cover)
Slackjaw Jezebel
Encore:
Need Your Love So Bad (Little Willie John cover)
Gonna Send You Back To Georgia

… und hier die Scheiben … CD‘s

Gov‘t Mule, 1995
Live at Roseland Ballroom, 1996
Dose, 1998
Live… With a Little Help from Our Friends, 1998
Life Before Insanity, 2000
The Deep End, Volume 1, 2001
The Deep End, Volume 2, 2002
The Deepest End, Live in Concert, 2003
Deja Voodoo, 2004
Mo‘ Voodoo (EP), 2005
The Best Of The Capricorn Years (& Rarities), 2006
High & Mighty, 2006
Mighty High, 2007
The Holy Haunted House, 2008
By A Thread, 2009
Mulennium, 2010 (aufgenommen 1999)
The Georgia Bootleg Box, 2012

… und die DVD‘s

The Deepest End, Live , 2003
Rockpalast, Köln, 2007
A Tail of 2 Cities (Live-Doppel), 2009

 

Gunther Böhm