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Doctor, Doctor, Please – UFO

Rex, Lorsch, 13. Oktober 2010

Im deutschen Konzertherbst 2010 kreuzen viele „alte Helden“ die Klingen, so auch im Rhein-Neckar-Delta zwischen Mannheim und Heidelberg.
Die einen, Deep Purple, mit einer lahmen Show und einem völlig uninspirierten Ian Gillan, der den Begriff „Frontmann“ nicht mehr rechtfertigt und den entbehrlichen Marillion als Support in der großen SAP-Arena, die anderen, UFO, hemdsärmeligen Rock spielend im Lorscher Rex, ein kleiner aber feiner Club, der den nicht mehr ganz so angesagten Helden früherer Tage ein Podium bietet. Und die Nachfrage ist da. Mit knapp 400 Zuschauern ist der Laden fast ausverkauft.
Immerhin sind vom Original mit dem Egozentriker vergangener Zeiten, dem Mastermind Phil Mogg, dem Drummer Andy Parker und Paul Raymond (keyb), letzterer erfüllt rein optisch alle 70th-Klischees, noch drei viertel des Originals an Bord.
Pete Way, der unter UFO-Fans so etwas wie Legendenstatus genießt fehlt ebenso, wie der legendäre Michael Schenker – zumindest was seine Fähigkeit betrifft, große Mengen Alkohol energetisch umzuwandeln und dazu noch saugut Gitarre spielen zu können.
Den Part übernimmt Vinnie Moore, Pete Way wird kongenial durch Barry Sparks ersetzt, der seine Dollars u. a. bei Ted Nugent und Dokken verdient hat. Gerüchten zu Folge wurde auch Pete Way von der Rock ‘n‘ Roll-Krankheit (Leberprobleme), erwischt.
Auf der kleinen Bühne stehen zwei riesige Amps, spätestens bei diesem Anblick ist jedem klar, wo es heute Abend langgeht. Der Sound kommt vollfett aus den Boxen, sie spielen immer noch den alten Hardrock mit Boogieanleihen. Der spacige Progsound der ganz frühen 70er wurde ebenso wie der teilweise düstere Sabbath-Heavy-Stil in den Hintergrund gedrängt – reiner Hardrock und das gefällt!
Die Stimme von Phil Mogg hat über die Jahre etwas Patina angesetzt, mit 59 Jahren und davon 40 Jahre auf Rock ‘n‘ Roll-Tour inkl. unzähliger Reunions nicht weiter verwunderlich.
Anders als bei Ian Gillan ist sein Auftritt allerdings keine Sekunde peinlich. Vinnie Moore wechselt gekonnt zwischen E- und Akustikgitarre. Kein filigraner Techniker, aber ein kraftvoller Gitarrist der alle Showregister zu ziehen vermag, natürlich auch Gitarre hinterm Kopf usw. Dieses Kunststück bringt er sogar gemeinsam mit dem Bassman, normalerweise zu viel des Guten, heute wird großzügig verziehen. Man benötigt nicht viel Phantasie um die Gitarrenhälse mit erigierten Penissen zu verwechseln. Einen schönen Gruß an die 70er.
Die Songauswahl umfasst nahezu die gesamte Karriere, Lights out (natürlich), Too hot to handle, Doctor, Doctor, Let it Roll, Rock Bottom. usw. usf.. Leider fehlen mit C‘mon everybody von Eddie Cochran und Prinz Kajuku (hat eine sehr hohen persönlichen Erinnerungswert) zwei absolute Kracher.
Immer wieder werden die Protagonisten mit U-F-O-Rufen aus dem Publikum angefeuert. Nach 90 Minuten hebt das UFO ab, unklar ob die letzten zwei Songs nun die Zugaben waren.
Die Stadiontage sind passé, das Lorscher Rex hat dennoch eine weiche Landung erlebt.
Besser als erwartet, geiler Abend!

Gunther Böhm