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Agalloch + Fen

29. April 2013, Stadtmitte, Karlsruhe

Sophisticated Black Metal

Ein dunkler End-April-Abend ... zwei Tage bevor die Maifeuer in den finsteren nebligen Wäldern entfacht werden: ein passender Tag für ein bisschen anspruchsvolle Düsterklänge. AGALLOCH gastieren in Karlsruhe und haben mit FEN einen interessanten Support mit am Start!

Die „Stadtmitte“, bislang mir noch unbekannt, ist schnell gefunden; kein Wunder, wenn man seinen Club so prägnant benennt, dass man ihn eigentlich kaum verfehlen kann. Vor dem Einlass eine ansehnliche Schlange; AGALLOCH haben sich über die Jahre zu einem Kult-Act gemausert und ziehen mittlerweile gut Publikum. Immerhin machen sie sich live ja ziemlich rar, oft ist das Quartett aus Portland hier nicht zu sehen. Viele streng limitierte Releases, die mittlerweile rar und gesucht sind, haben sicherlich auch dazu beigetragen (ich selbst habe über 50 Euro für „Of stone, wind, and pillor“ bezahlt ...) sowie natürlich ihr Sound, der zwar für die breite Wacken-Masse zu schwierig ist, aber abseits der Metalszene auch in „Visions“-Kreisen Anklang findet. Kein Wunder, dass Stuttgart einen Tag später lange vorher ausverkauft ist.

Rappelvoll ist dann auch der kleine Laden, als der Support FEN um Punkt acht die Bühne entert. In England hat sich in den letzten Jahren eine interessante kleine Black Metal-Szene gebildet; während in den 90ern dort vor allem Cradle of Filth nachgeeifert wurde und viele Durchschnitts-Combos mit Bombast-Klängen die Szene fluteten, hat sich der Sound heute merklich verändert: rauer ist er geworden, natürlicher, viele Folk-Anklänge sind rauszuhören (zum Beispiel bei Bands wie Winterfylleth oder Wodensthrone) und im Falle der ostenglischen FEN macht man auch vor Postrock-Einflüssen nicht halt. Eine interessante Mischung und FEN haben vor allem mit den letzten beiden Alben „Epoch“ und „Dustwalker“ starkes Material in der Hinterhand. Und machen ihre Sache heute Abend sehr gut; spieltechnisch kompetent wechseln ruhige, clean gesungene, fast sphärische Parts und Black Metal-Ausbrüche, wobei der neue Drummer Derwydd bei letzteren mit präzisen und harten Blasts brilliert. Der cleane Gesang ist noch ein wenig ausbaufähig und an der Ausstrahlung auf der Bühne kann man auch noch ein bisschen arbeiten, aber alles in allem geht hier klar der Daumen nach oben. FEN sind heute im Grunde der optimale Support für Agalloch; ein musikalisch starker Anheizer, der hörbar auch ein paar Platten des Hauptacts kennt und somit den Anhängern Agallochs gut reinläuft ... aber auch noch ganz die Klasse besitzt, am Thron des Headliners heute zu rütteln.

Setlist:
Hands of dust
As buried spirits stir
Ghosts of the flood
Consequence
Exiles journey
The gales scream of loss

Vor zwei Jahren habe ich AGALLOCH auf dem SXSW gesehen (nachzulesen in der SXSW-Section hier). Seinerzeit war es eher ein Knüppel-Gig; vier harte Songs in 40 Minuten, keine Ansagen und zu erahnende Epik, die aber im kalten texanischen Nachthimmel über dem Barbarella Patio verschwand. Eine andere Seite der Band ... heute wird es aber ganz anders: nach einer kurzen Umbaupause wird der kleine Saal erst einmal schön mit Weihrauch eingeräuchert, um den passenden Rahmen für die Messe zu schaffen. Die Band schlurft auf die Bühne und steigt in den zehn-Minüter „Limbs“ ein, eine ausladende Komposition, die im langsamen Tempo schon viel Atmosphäre mit harten und akustischen Parts erzeugt, ehe John Haughm nach sechs Minuten mit seinen Screams einsteigt. Satte zwei Stunden Spielzeit haben AGALLOCH heute versprochen, viele Songs muss das allerdings hier aber nicht bedeuten: nach zwei weiteren zehn-Minuten-Songs (u. a. das von John frenetisch angekündigte und umjubelte „Ghosts of midwinter fires“) folgt eine faustdicke Überraschung, denn der EP-Track „Faustian Echoes“ findet auf dieser Tour Aufführung; weit über 20 Minuten Spielzeit und was man im Studio ja noch zu zusammenpuzzeln kann, zeigt live die Klasse dieser Band, eine solche Nummer live zu spielen, das kann in dieser Szene nicht jeder. Allerspätestens jetzt haben sie mich, entziehen kann man sich dem eigenständigen, atmosphärischen und anspruchsvollen Sound des Vierers heute nicht; Black Metal greift hier schon lange nicht mehr alleine, Doom, Folk, abwechslungsreife Vocals, auslandende Kompositionen jenseits Strophe-Refrain-Strophe-Schema mit gekonnten Akustik- und Soloparts, unterstützt von einer passenden Lightshow und viel Nebel – AGALLOCH ziehen alle Register ihres Könnens und zeigen, dass das, was auf Platte klasse tönt, live nochmal ein ganz anderes Erlebnis ist. Auch John Haughm ist heute ein bisschen in Plauderstimmung und freut sich über die euphorischen Reaktionen. Vier weitere Nummern, ältere Songs der Alben „Pale folklore“ und „The mantle“ folgen und mit den drei abschließenden Zugaben schafft man doch noch die knapp zweistellige Songanzahl in den versprochenen zwei Stunden. Weiter zuhören hätte ich ihnen heute noch lange können. Hammer Band, die heute eindrucksvoll ihren Kultstatus begründet hat!

Setlist:
Limbs
Ghost of midwinter fires
Falling snow
Faustian echoes
The melancholy spirit
You were but a ghost on my arms
In the shadow of our pale companion
Dead winter days
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Of stone, wind, and pillor
Our fortress is burning ... I
Our fortress is burning ... II: Bloodbirds

Florian Störzer