„Petticoat und Kaffeeklatsch"
Die SchwetSingers + Tanzschule Kiefer

23.–25. März 2012, Kurpfälzer Bühne

Mit Playback in die „Fuffziger“

Das gebe ich gerne zu, das hat schon was, eine Zeitreise zurück in die 50er Jahre, in Form einer Revue. An Ideen mangelt es wahrlich nicht und heute wird die Dekade, die auch als Geburtsstunde von Rockabilly, Rock ‘n‘ Roll, Wirtschaftswunder, Beate Uhse, Isetta und Italienurlaub usw. gilt, gerne verklärt. Klar ist, dass ein Bier für „dreißig Penning“ mehr Lacher erzeugt, als die Arbeitsbedingungen „unter Tage“ die die Verklärung überhaupt erst ermöglichten.

Hauptveranstalter und „Drehbuchautor“ war die Kurpfälzer Bühne unter der Regie von Barbara Kießling und Hans-Peter Sturm. Und was liegt da näher, als sich bei einer (musikalischen) Zeitreise zurück in die Fünfziger vom renommierten Musicalchor „SchwetSingers“ unter Leitung des musikalischen Tausendsassas Elena Spitzner gekonnt in Szene setzen zu lassen?
Ort der Handlung war das inzwischen lange geschlossene Café Kessler im Herzen der Perle der Kurpfalz. Die abwechselnden aber nicht immer abwechslungsreichen (manchmal leider auch nicht schlüssigen) Szenen spielen in eben diesem Café. Da geht es holterdipolter durchs Programm, egal ob Feierabendkaffee (?) oder Planung des Urlaubs in Bella Italia. Unverzeihlich schlimm wird es, wenn die selbsternannte Regisseurin, Drehbuchautorin, Hauptdarstellerin usw. usf. zu „Ich wünsch mir zum Geburtstag“ die Lippen bewegt wie ein Frosch während der Laichzeit. Ein Laientheater wird auch besucht, um an der Unvollkommenheit teilzuhaben, wer ausschließlich Perfektion wünscht, wird wohl eher zu Shakespeare‘s Othello ins Nationaltheater nach Mannheim fahren. So waren die stärksten Spielszenen jene, bei denen etwas schief ging, die aber nonchalant und mit Verve ausgebügelt wurden. Playback braucht auf dieser Ebene wirklich niemand.

Dennoch, und dies sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, war das der gelungene Versuch einer Zeitreise, der insbesondere durch die Kleider und die Requisiten bestach, von der Keksdose über das Kofferradio bis zum „Bildschirmgerät“. Auch die musikalische Auswahl lies keine Wünsche offen, von Osterwald‘s „Gehen Sie mit der Konjunktur über „Itsy-Bitsy-Teenie-Weenie-Honolunu-Strand-Bikini“ bis zu „Jailhouse Rock“, naja, etwas mehr Rock ‘n‘ Roll hätte es schon sein dürfen bei einer Revue über die „Fünfziger“ – die ebenfalls auftretende Tanzschule Kiefer hätte so auch mehr Gelegenheiten gehabt, sich zu präsentieren. Drei Abende nacheinander die Wollfabrik mit dem gleichen Programm zu füllen, nötigt Respekt ab, dies ohne einen Cent Gage für Darsteller oder Autoren. Ehrenamt ist Ehrenamt! Schade allerdings, dass nach dem Schlussapplaus in der „Danksagung“ die perfekt aufspielende Band kaum Würdigung fand. Dies wiegt ebenso schwer, wie der Verzicht auf die Credits im Programm. Mir stellt sich mehrmals die Frage, wie die Kurpfälzer Bühne wohl ohne die SchwetSingers ausgesehen hätte. Das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile – da kann „man“ noch so wichtig sein!
Beim nächsten Mal bitte dran denken, war ja ein schöner Abend!

Gunther Böhm